Ernährung bei Gicht: Einfache Tipps für ein beschwerdefreies Leben
Am Abend war noch alles in Ordnung – doch mitten in der Nacht schrecken Sie plötzlich aus dem Schlaf: Der große Zeh oder ein anderes Gelenk schmerzt furchtbar, ist gerötet und vielleicht sogar geschwollen. „Oh je, ein Gichtanfall“, seufzen Sie womöglich.
Wie häufig die Schübe auftreten, ist auch eine Frage des Speiseplans. Hier erfahren Sie, welche Ernährung Ihnen bei Gicht guttut und warum Sie keinen kompletten Verzicht fürchten müssen. Außerdem geben wir Ihnen eine Lebensmitteltabelle zum Ausdrucken an die Hand: für ein beschwerdefreies Leben.
Was ist Gicht – und wie entsteht sie?
Bei Gicht handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung, die mit erhöhten Harnsäurewerten im Blut einhergeht („Hyperurikämie“). Bleibt sie unbehandelt, sammeln sich Harnkristalle („Urate“) in den Gelenken und lösen hier schmerzhafte Entzündungen aus. Auch Sehnen und innere Organe – vor allem die Nieren – können betroffen sein.
Weil man Gicht mit einem üppigen Lebensstil in Verbindung bringt, galt sie lange Zeit als Krankheit der Könige und des Wohlstandes. Und tatsächlich: Die Ernährung spielt eine entscheidende Rolle – manche Lebensmittel erhöhen den Harnsäurespiegel, während andere ihn nicht beeinflussen oder sogar reduzieren.
Trotzdem: Die eigentliche Ursache liegt woanders. Genetisch oder krankheitsbedingt stellt der Körper entweder zu viel Harnsäure her – oder er scheidet zu wenig über den Urin aus. Ein reichhaltiger Speiseplan allein löst also keine Gicht aus. Bei einer entsprechenden Vorbelastung ist dem Anfall hingegen oftmals ein ausgiebiges Mahl vorausgegangen.
Gichtanfälle vorbeugen: Die 5 wichtigsten Grundsätze
Manche Betroffene stolpern von einem Anfall zum nächsten, andere wiederum verbringen lange schmerzfreie Phasen. Denn: Was Sie essen, entscheidet, wie häufig Ihre Schübe auftreten. Die folgenden fünf Grundsätze helfen, Ausbrüche zu verhindern und Langzeitschäden vorzubeugen.
1. Bevorzugen Sie purinarme Lebensmittel
Purine kommen als Baustein des Erbguts in jeder Zelle vor. Hier beteiligen sie sich am Aufbau von Enzymen und dem Energiestoffwechsel – es handelt sich also um lebenswichtige Substanzen, die in fast allen Nahrungsmitteln stecken. Darüber hinaus werden Purine von unserem Körper selbst gebildet.
Das Problem: Während der Zellerneuerung oder Verdauung baut der Organismus diese Purine ab – ein Prozess, bei dem Harnsäure entsteht. Deswegen kann eine purinreiche Kost Ihren Harnsäurespiegel um 1-2mg/dl erhöhen.
Überschreitet der Wert die 6 mg/dl (bei Frauen) bzw. 7 mg/dl (bei Männern), liegt eine Hyperurikämie vor. Insbesondere in Fleisch und Fisch findet sich viel Purin – so viel, dass jede zusätzliche Fleischportion Ihr Gichtrisiko um 21% steigen lässt. (1)
2. Genießen Sie Fett in Maßen
Bei dem Abbau von Fett entstehen Stoffwechselprodukte, die sich negativ auf die Ausscheidung von Harnsäure auswirken. (4) Versuchen Sie deswegen, nicht mehr als 30% Ihres täglichen Energiebedarfs durch Fette zu decken – das entspricht rund 600 Kalorien, also zum Beispiel fünf Esslöffeln Öl. Sonst kann dies einen erneuten Gicht-Schub begünstigen.
3. Reduzieren Sie Ihren Alkoholkonsum
Alkohol erhöht die Produktion von Harnsäure und hemmt gleichzeitig die Ausscheidung. Darüber hinaus macht er Appetit auf fettiges Essen.
Vor allem die Kombination aus Alkohol und reichhaltig-herzhaften Speisen begünstigt den nächsten Anfall. Versuchen Sie deswegen, Ihren Konsum so weit wie möglich zu reduzieren – das gilt insbesondere für Bier, denn Bierhefe gehört zu den purinreichsten Lebensmitteln überhaupt.
4. Vermeiden Sie Fruchtzucker
Fructose kurbelt zum einen die körpereigene Purin-Produktion an und hemmt zum anderen die Ausscheidung von Harnsäure. (2) Das gilt jedoch vor allem für Getränke, die mit Fructose wie Maisstärkesirup gesüßt werden – frisches Obst darf weiterhin auf dem Teller landen. Auch Fruchtsaft könnte neueren Erkenntnissen zufolge unbedenklich sein. (3) Bei Fruchtsaft-Konzentraten, die Sie nur in geringen Mengen einnehmen, können Sie daher unbesorgt sein.
5. Streben Sie Ihr Normalgewicht an
Ab einem Body-Mass-Index von über 25 steigt das Gichtrisiko. (5) Bauen Sie Übergewicht ab, sinkt die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Anfalls wiederum. Denn: Mit den schmelzenden Kilos geht auch der Harnsäurespiegel zurück. Darüber hinaus verbessert sich womöglich die Nierenfunktion. (6)
Doch Achtung: Crash-Diäten und Fastenkuren versetzen Ihren Stoffwechsel in die Ketose. Stehen dem Körper längere Zeit keine Kohlenhydrate zur Verfügung, muss er aus Fetten und Proteinen Energie gewinnen. Dabei kann gleichzeitig die Harnausscheidung sinken. (7)
Damit provoziert radikales Hungern genau das, was Sie eigentlich verhindern möchten: den nächsten Schub. Nehmen Sie deswegen langsam ab – maximal 2-3 Kilo pro Monat sind optimal.
Wie sieht eine purinarme Ernährung aus?
Purinreiche Kost lässt den Harnsäurewert in die Höhe schnellen, purinarme Kost senkt ihn – so weit die Theorie. Aber was dürfen Gicht-Patienten essen und worauf sollten sie lieber verzichten? Kurz: auf gar nichts. Es geht hier nämlich nicht darum, einzelne Speisen komplett zu streichen – sondern darum, sie in Maßen zu genießen.
Experten empfehlen, täglich maximal 500 Milligramm Purine aufzunehmen. Während und nach einem Gichtanfall sollten Sie vorübergehend nur 200 Milligramm verzehren. (8) Wer diese Zahlen im Kopf hat, kann sich seinen Speiseplan anhand des Puringehalts der bevorzugten Lebensmittel zusammenstellen.
Nachfolgend finden Sie eine ausführliche Gicht-Ernährungstabelle mit dem Puringehalt verschiedenster Nahrungsmittel, die Sie auch als PDF downloaden und sich bei Bedarf ausgedruckt in die Küche hängen können. Wichtig: Es handelt sich nur um ungefähre Angaben. Je nach Zubereitungsart schwankt der Puringehalt – so geht beim Kochen beispielsweise ein Teil ins Wasser über.
Unsere "Verbotsliste bei Gicht" >>Tabelle downloaden<
Fettarme Milchprodukte: Eine Untersuchung von 10 Probanden offenbarte, dass Casein die Harnsäurekonzentration signifikant reduziert. (9)
Kaffee: Bei herkömmlichem Kaffee war der Effekt am stärksten, aber auch entkoffeinierte Sorten wirken sich positiv aus. Tee hingehen scheint keinen Einfluss zu haben. (10)
Kirschen: Verschiedene wissenschaftliche Arbeiten kommen zu dem Ergebnis, dass Kirschen – im Gegensatz zu anderen Früchten – das Risiko für Gichtanfälle senken. (11)
DASH-Diät: Moderner Ansatz der Gicht-Ernährungstherapie
Wer keine Lust hat, Purine zu zählen, ist die DASH-Diät eine ausgezeichnete Option für Menschen mit Gicht. Diese orientiert sich an der mediterranen Ernährung und wurde eigentlich zur Behandlung von Bluthochdruck entwickelt. Studien zeigen jedoch, dass sie darüber hinaus den Harnsäurewert senkt. (12)
Die DASH-Diät setzt bevorzugt auf naturbelassene und pflanzliche Lebensmittel. Im Mittelpunkt des Speiseplans stehen hier:
- Vollkornprodukte: 7 bis 8 Portionen über den Tag verteilt, zum Beispiel Vollkornbrot, -nudeln oder -reis.
- Gemüse: Mindestens 3 Portionen täglich. Tasten Sie sich gerne an Sorten wie Spinat, Spargel, Schwarzwurzeln oder Champignons heran, die eigentlich als purinreich gelten. Neueren Studien zufolge scheinen pflanzliche Purine keinen Einfluss auf den Harnsäurewert zu haben. (13)
- Obst: Mindestens 2 Portionen täglich. Auch hier gibt es bei der Sorte keine Einschränkung. Nur frisch sollte es sein – genießen Sie kandiertes Trockenobst oder gezuckerte Konserven höchstens als Süßigkeit.
- Nüsse, Samen und Hülsenfrüchte: 4 bis 5 Portionen die Woche.
- Mageres Fleisch und Fisch: 1 bis 2 Portionen die Woche, zum Beispiel Lachs oder Hähnchenbrust.
Weitgehend vermeiden sollten Sie verarbeitetes, rotes und fettreiches Fleisch, Fastfood, Süßigkeiten, Fertigprodukte sowie gesalzene Snacks. Darüber hinaus spielt die Zubereitung der Speisen hier eine wichtige Rolle: Verleihen Sie den Mahlzeiten bevorzugt mit Kräutern Geschmack und verwenden Sie Salz nur sparsam.
Fazit: Mit dem richtigen Speiseplan endlich wieder schmerzfrei leben
Auch wenn es zunächst aufwändig erscheint: Es lohnt sich, mit der richtigen Ernährung weiteren Gichtanfällen vorzubeugen – sonst drohen nämlich Langzeitschäden. Dieser Beitrag hat Ihnen gezeigt, dass manche Lebensmittel empfehlenswerter sind als andere:
FAQ - Häufig gestellte Fragen
Was sollte man bei Gicht nicht essen?
Einige Lebensmittel sollten bei Gicht stark eingeschränkt werden, da sie den Harnsäurespiegel im Körper erhöhen können. Dazu gehören:
- Alkohol: Besonders Bier und Hochprozentiges.
- Fettige Lebensmittel: Frittierte Speisen, fettreiches Fleisch oder Wurst.
- Fructosehaltige Produkte: Zuckerhaltige Getränke wie Softdrinks und gesüßte Fruchtsäfte.
- Purinarme Ernährung bevorzugen: Vermeiden Sie sehr purinreiche Lebensmittel wie Innereien (Leber, Niere), Sardellen, Hering und andere Fischsorten mit hohem Puringehalt.
Diese Nahrungsmittel können Gichtanfälle auslösen oder verschlimmern und sollten nur in Maßen konsumiert werden.
Welche Lebensmittel enthalten keine Purine?
Lebensmittel ohne oder mit sehr geringem Puringehalt sind ideal für Gicht-Patienten. Dazu gehören:
- Milchprodukte: Fettarme Milch, Joghurt, Käse (z. B. Frischkäse oder Hüttenkäse).
- Eier: Hervorragende Eiweißquelle ohne Purine.
-
Gemüsesorten:
- Gurken
- Möhren
- Kohlrabi
- Paprika
- Salate
- Kürbis
Diese Lebensmittel unterstützen eine purinarme Ernährung und können bedenkenlos verzehrt werden.
Welches Gemüse ist bei Gicht geeignet?
Kann man bei Gicht Käse essen?
Ja, Käse ist nahezu purinfrei und somit gut verträglich. Empfehlenswert sind Sorten wie:
- Edamer
- Emmentaler
- Gouda
- Mozzarella
- Hüttenkäse
- Frischkäse
Beachten Sie jedoch den Fettgehalt. Wählen Sie bevorzugt Sorten mit bis zu 45 % Fett in Trockenmasse und beschränken Sie den Verzehr auf maximal drei Portionen Milchprodukte pro Tag. Eine zu fettreiche Ernährung kann Übergewicht fördern, was wiederum das Risiko für Gicht erhöht.
Welches Fleisch kann man bei Gicht essen?
Mageres Fleisch ist in Maßen erlaubt, insbesondere:
- Geflügel wie Pute oder Huhn (ohne Haut).
- Mageres Rind- oder Wildfleisch.
Entfernen Sie die Haut und bevorzugen Sie fettarme Zubereitungsarten wie Kochen oder Dünsten, um den Puringehalt zu minimieren. Innereien und stark verarbeitete Fleischprodukte wie Wurst oder Speck sollten gemieden werden.
Welches Brot kann man bei Gicht essen?
Kann ich pizza bei Gicht essen?
Welches Bier darf man bei Gicht trinken?
Welche Getränke sind bei Gicht verboten?
Folgende Getränke sollten bei Gicht gemieden werden:
- Alkoholische Getränke (insbesondere Bier und Hochprozentiges).
- Softdrinks und gesüßte Getränke.
- Kakao oder andere zuckerreiche Heißgetränke.
Erlaubte Alternativen:
- Wasser (am besten 2-3 Liter täglich).
- Ungesüßte Kräuter- oder Früchtetees.
- Gemüsesäfte und saure Fruchtsäfte (in Maßen).
- Kaffee und Milch, da sie den Harnsäurewert sogar senken können.
Sind Bananen bei Gicht erlaubt?
Quellen:
1. Beate Nicolai, Caroline Kiss (2016): Ernährungstherapie bei Gicht, https://econtent.hogrefe.com/doi/10.1024/0040-5930/a000772
2. Pharmazeutische Zeitung: Vorsicht bei Festen und beim Fasten, https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-502009/gicht-vorsicht-bei-festen-und-beim-fasten/
3. Zucker im Orangensaft: Neue Studien geben Entwarnung. Saft senkt Gicht-Risiko, https://www.uni-kiel.de/de/universitaet/detailansicht/news/zucker-im-orangensaft-neue-studien-geben-entwarnung-saft-senkt-gicht-risiko
4. Hyon K. Choi, Walter Willett, Gary Curhan (2010): Fructose-Rich Beverages and Risk of Gout in Women, https://jamanetwork.com/journals/jama/article-abstract/186958
5. Hyon K. Choi, Karen Atkinson, Elizabeth W. Karton (2005): Obesity, Weight Change, Hypertension, Diuretic Use, and Risk of Gout in Men, https://jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/article-abstract/486491
6. Monika Reuss-Borst (2020): Gicht – auch eine Frage des Lebensstils, https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/a-1243-1145.pdf
7. Margaret J. Maclachlan, Gerald P. Rodnan: Effects of food, fast and alcohol on serum uric acid and acute attacks of gout, https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/0002934367900058
8. Institut für Ernährungsmedizin: Ernährungsempfehlungen bei Hyperurikämie und Gicht: https://www.mri.tum.de/sites/default/files/seiten/ernaehrungsempfehlung_gicht_2016.pdf
9. Dominique R. garrel, M. Verdy, C. Petit Clerc, C. Martin (1991): Milk- and soy-protein ingestion: Acute effect on serum uric acid concentration, https://www.researchgate.net/publication/21154830_Milk-_and_soy-protein_ingestion_Acute_effect_on_serum_uric_acid_concentration
10. Hyon K. Choi, Gary Curhan (2007): Coffee, tea, and caffeine consumption and serum uric acid level: the third national health and nutrition examination survey, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17530681/
11. Yuqing Thang, Tuhina Neogi, Clara Chen, Christine Chaisson, David J. Hunter, Hyon K. Choi (2012): Cherry consumption and decreased risk of recurrent gout attacks, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23023818/
12. Sharan K. Rai, Teresa T. Fung, Na Lu, Sarah F. Keller, Gary C. Curhan, Hyon K. Choi: The Dietary Approaches to Stop Hypertension (DASH) diet, Western diet, and risk of gout in men: prospective cohort study, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28487277/
13. Hyon K. Choi, Karen Atkinson, Elizabeth W. Karlson, Walter Willett, Gary Curhan (2004): Purine-Rich Foods, Dairy and Protein Intake, and the Risk of Gout in Men, https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/nejmoa035700