Eisenmangel durch vegetarische Ernährung?
Eisen ist ein lebenswichtiges Spurenelement und im Körper an zahlreichen Prozessen wie dem Sauerstofftransport im Blut beteiligt. Eine ausreichende Zufuhr über die Nahrung ist notwendig, um die Eisenvorräte aufrecht zu erhalten. Leider scheint das nicht immer ganz einfach zu sein, denn der Eisenmangel ist der häufigste Nährstoffmangel weltweit. Eine vegetarische oder vegane Kostform steht oft in Verdacht, einen Mangel zu begünstigen. Hier erfahren Sie, was an dieser These dran ist.
Inhaltsverzeichnis:
- Was ist Eisenmangel und wie entsteht er?
- Welche Mangelerscheinungen sind typisch?
- Wie lange dauert es, bis ein Eisenmangel ausgeglichen ist?
- Woher kommt der Glaube, dass Vegetarier öfter Eisenmangel haben?
- Sind Vegetarier tatsächlich öfter von Eisenmangel betroffen als Fleisch und Fisch-essende Menschen?
- Sollten Vegetarier bei Eisenmangel lieber wieder Fleisch essen?
- Wo bekommen Vegetarier Eisen her?
Was ist Eisenmangel und wie entsteht er?
Bei einem Eisenmangel befindet sich zu wenig Eisen im Blut und das kann verschiedene Ursachen haben. Zum einen kann die Versorgung über die Ernährung zu gering sein und zum anderen können Blutungen schuld daran sein, dass der Eisenbedarf des Körpers nicht gedeckt wird [1].
Wusstest du, dass etwa 25 % der Weltbevölkerung von Eisenmangel betroffen sind?
Eine verminderte Aufnahme kann beispielsweise mit einer einseitigen Ernährung, bestimmten Nahrungsmittelbestandteilen, Erkrankungen der Darmschleimhaut, Medikamenten oder Operationen begründet werden. Eisenmangel durch Blutungen steht bei Frauen oft im Zusammenhang mit einer starken Menstruation; aber auch in anderen Körperregionen können Blutungen zu Eisenverlusten führen [1].
In gewissem Ausmaß sind Verluste übrigens ganz normal und kein Problem für die Gesundheit, da der Körper über Stuhl, Urin und Schweiß täglich circa 1 mg Eisen verliert [2].
Deshalb ist eine unzureichende Eisenversorgung problematisch
Eisen ist als Zentralatom von Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) und Myoglobin (Muskelprotein) für den Sauerstofftransport verantwortlich. Der eingeatmete Sauerstoff wird mithilfe von Eisen nämlich erst an das Hämoglobin gebunden, das dann über die Blutbahn alle Zellen im Körper mit Sauerstoff versorgt. Der Körper benötigt Eisen darüber hinaus für die Herausbildung verschiedener Zelltypen sowie das Zellwachstum aber auch für die DNA-Herstellung und die Abwehr von Infektionen. Ist nicht genug Eisen verfügbar, kommt es zu vielfältigen Erscheinungsbildern des Mangels [1, 2].
Welche Mangelerscheinungen sind typisch?
Haarausfall, rissige Mundwinkel, Juckreiz und trockene Haut sowie Schmerzen beim Schlucken können auf einen Eisenmangel hinweisen. Im späteren Stadium sind oft Kopfschmerzen, Blässe, Müdigkeit und Antriebslosigkeit zu beobachten [1]. Wenn Sie derartige Symptome bei sich feststellen, sollten Sie Ihren Eisen-Versorgungsstatus beim Arzt abklären.
Bei diesen Symptomen sollten Sie Ihren Eisenstatus checken lassen.
Wie lange dauert es, bis ein Eisenmangel ausgeglichen ist?
Wie viel Zeit vergeht, bis die Eisenspeicher gefüllt sind kann individuell sehr unterschiedlich sein, je nachdem wie viel Eisen bei der Mangel-Diagnose noch im Körper gespeichert ist und wie gut Eisen aufgenommen wird. Wenn dem Mangel eine körperinterne Blutung zugrunde liegt, muss diese lokalisiert und gestoppt werden, damit nicht immer wieder viel Eisen verloren geht. Eine Therapie mit Eisentabletten sollte mindestens 3-6 Monate lang durchgeführt werden, da es recht lange dauert, bis die Speicher aufgefüllt sind [3]. Eine eisenreiche Ernährung sollte aber auch danach aufrechterhalten werden. Oft hört man, dass gerade Vegetarier unterversorgt sind, aber was ist dran an diesem Mythos?
Woher kommt der Glaube, dass Vegetarier öfter Eisenmangel haben?
Eisen aus tierischen Lebensmitteln (Häm-Eisen) ist für den Körper viel leichter verwertbar als solches aus Pflanzen (Nicht-Häm-Eisen). Während Häm-Eisen zu ca. 20 % aufgenommen wird, beläuft sich die Absorptionsmenge von pflanzlichem Eisen auf etwa 5 %. Das hängt damit zusammen, dass letzteres gebunden und in dreifach positiv geladener Form (Fe3+) vorliegt und umgewandelt werden muss, während tierisches (Fe2+) einfach so wie es vorliegt vom Körper verwertet werden kann [2]. Der Eisenstatus ist allerdings relevanter als die Bioverfügbarkeit, wenn es darum geht, pflanzliches Eisen aufzunehmen. Sind die körpereigenen Speicher kaum gefüllt, kann das Eisen leichter absorbiert werden, als wenn bereits ausreichend im Körper vorhanden ist [4].
Die Bioverfügbarkeit gibt das Ausmaß an, in dem eine Substanz aus einem Lebensmittelverbund freigesetzt und in den Körper aufgenommen wird. Andere Stoffe die (über die Nahrung) zugeführt werden können die Aufnahme teilweise begünstigen oder hemmen [6].
Sind Vegetarier tatsächlich öfter von Eisenmangel betroffen als Fleisch und Fisch-essende Menschen?
Viele Studien untersuchten die Eisenwerte von Vegetariern und Fleischessern; eine deutliche Tendenz ließ sich allerdings nicht daraus ableiten. Die European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition Oxford-Studie, an der 43.000 Frauen, darunter Vegetarierinnen und Nicht-Vegetarierinnen, teilnahmen, zeigte, dass in beiden Gruppen ähnliche Eisenzufuhren und Hämoglobinkonzentrationen zu verzeichnen waren [4].
In einer Studie der California Polytechnic State University in San Luis wurde die Eisenaufnahme von 39 Studentinnen im Alter von 18-22 Jahren untersucht. 66 % der Vegetarierinnen und 65 % der Nicht-Vegetarierinnen erreichten nicht die empfohlene Tagesdosis für Eisen. Es gab allerdings keinen statistisch relevanten Unterschied hinsichtlich der Eisenaufnahme. Die Eisenaufnahme über die Nahrung steht allerdings nicht direkt mit tatsächlichen Eisenstatus in Verbindung. Da pflanzliches Eisen schlechter bioverfügbar ist stellen die Autoren die Vermutung auf, dass der Eisenstatus der Vegetarierinnen niedriger ist. [4, 5]. Demgegenüber steht die Tatsache, dass Eisen vermehrt aus der Nahrung aufgenommen wird, wenn die Speichervorräte gering sind [2].
Wie die Eisenspeicher die Absorption beeinflussen
In einer spanischen Studie wurden Eisenparameter im Blut von Vegetariern und Veganern untersucht. Eisenmangel wurde vor allem bei Frauen festgestellt; die Ernährungsweise und die Zeit, seitdem sie vegetarisch lebten, verursachten keinen Unterschied. Eine lange Menstruation und die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel waren hingegen mit einer niedrigen Transferrinsättigung assoziiert. Diese ist ein wichtiger Parameter bei der Eisenmangeldiagnostik [7].
Sollten Vegetarier bei Eisenmangel lieber wieder Fleisch essen?
Die vorstehend zitierten Studien deuten die Antwort bereits an: Nein, das ist nicht nötig. Wenn sich jemand dazu entschließt, aus verschiedensten Gründen kein Fleisch zu essen, dann gilt es die Nahrungsmittel Auswahl so anzupassen, dass dem Körper alle wichtigen Nährstoffe in ausreichender Menge zugeführt werden.
Vegetarische Ernährungspyramide
Eine vegetarische Ernährung, die eine ausgewogene Kombination aus Obst, Gemüse, Nüssen, Hülsenfrüchten, Vollkorn etc. bietet, kann die Eisenspeicher ebenso füllen, wie eine Fleisch-haltige Mischkost. Schwangere und Stillende haben allerdings einen derart gesteigerten Bedarf (20-30 mg / Tag), dass eine ausreichende Versorgung bei einer rein vegetarischen Ernährung kaum möglich ist. In diesem Fall können aber – nach Rücksprache mit einem Arzt – auch Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden [2].
Wo bekommen Vegetarier Eisen her?
Die Ernährung
Bei einer vegetarischen Ernährungsform ist es besonders wichtig, seine Eisenlieferanten zu kennen, um das Risiko für einen Nährstoffmangel zu senken. Neben reichhaltigen Quellen sind auch Stoffe, die die Aufnahme des Spurenelements hemmen oder fördern von großer Relevanz. In einer eisenreichen Mahlzeit sollte der Verzehr von Aufnahme-Hemmern möglichst geringgehalten werden, förderliche Stoffe sind hingegen erwünscht.
Einige pflanzliche Eisenlieferanten [8]:
Tabellarische Auflistung einiger vegetarischer Eisenlieferanten
Diese Stoffe hemmen die Eisenaufnahme [2, 4, 7]:
- Lignin, Oxalsäure, Phytat / Phytinsäure und Phosphat (in: Getreide und Hülsenfrüchten; Phosphat auch in verarbeiteten Milchprodukten und Softdrinks)
- Tannin (in: schwarzem Tee, Kaffee, Rotwein)
- Calciumsalze
- Tierische Proteine (Milchprotein und Eiproteine)
- Einige Medikamente
Eisenaufnahme hemmende Lebensmittel
Da Getreide und Hülsenfrüchte wertvolle Eisenquellen sind, bietet es sich an, diese einzuweichen oder keimen zu lassen, um den Gehalt an Phytaten zu verringern. Auch das Sauerteigverfahren ist eine Möglichkeit, um die Eisenverluste durch Begleitstoffe zu verringern. [2, 4]
Diese Stoffe fördern die Eisenaufnahme [2, 4, 7]:
- Vitamin C (z.B. in: Paprika, Kohlarten, Zitrusfrüchten)
- Organische Säuren wie Zitronen- und Milchsäure
- Vitamin A und ß-Carotin
- Die Aminosäuren Methionin und Cystein
Eisenaufnahme fördernde Lebensmittel
Fazit
Eisen spielt im Körper eine nicht zu unterschätzende Rolle. Als Zentralatom von Hämoglobin und Myoglobin ist der Mineralstoff u.a. an der Sauerstoffverteilung im Körper beteiligt. Leider kommt er nur in bestimmten Lebensmitteln vor und wird in recht geringen Mengen in den Körper aufgenommen. Studien konnten zeigen, dass der hauptsächlich vegetarische Eisenmangel ein Mythos ist. Nichtsdestotrotz wird pflanzliches (Nicht-Häm-Eisen) schlechter in den Körper aufgenommen als tierisches (Häm-Eisen). Besonders für Vegetarier ist es daher wichtig, sich mit pflanzlichen Eisenquellen auseinanderzusetzen und darüber hinaus Stoffe zu kennen, die die Bioverfügbarkeit steigern oder senken. Wenn verschiedene eisenhaltige Lebensmittel nicht gemocht werden oder Allergien vorliegen, können Nahrungsergänzungsmittel dabei helfen, den Bedarf zu decken. Diese sollten sie allerdings erst nach Rücksprache mit einem Arzt nehmen.
Quellen
[1] Reiter, Andrea und Feichter, Martina, 2017: Eisenmangel, https://www.netdoktor.de/laborwerte/eisen/eisenmangel/#:~:text=Alle%20NetDoktor-Inhalte%20werden%20von%20medizinischen%20Fachjournalisten%20%C3%BCberpr%C3%BCft.%20Bei,Blutungen%20kann%20sehr%20schnell%20viel%20Eisen%20verloren%20gehen. Abgerufen am 01.07.2021
[2] Bundesinstitut für Risikobewertung, 2008: Fragen und Antworten zu Eisen in Lebensmitteln, https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_eisen_in_lebensmitteln-28383.html#:~:text=Eisen%20ist%20ein%20lebensnotwendiges%20Spurenelement,von%20H%C3%A4moglobin%20und%20den%20Sauerstofftransport. Abgerufen am 01.07.2021
[3] Frauenärzte im Netz, o.J.: Eisenmangelanämie: Therapie, https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/eisenmangelanaemie/therapie/ Abgerufen am 01.07.2021
[4] Saunders, Angela V., Craig, Winston J., Baines, Surinder K. und Posen, Jennifer S., 2013: Iron and vegetarian diets, in: the medical journal of australia, Band 199, Ausgabe 4, Seite 11-16, https://www.mja.com.au/journal/2013/199/4/iron-and-vegetarian-diets?inline=true Abgerufen am 01.07.2021
[5] Hawk, Susan N., Englehardt, Kimberly G. und Small, Cindi, 2012: Risiks of iron deficiency among vegetarian college women, in: Health, Band 4, Ausgabe 3, https://www.scirp.org/html/1-8201551_18325.htm Abgerufen am 01.07.2021
[6] Spektrum Akademischer Verlag, o.J.: Bioverfügbarkeit, https://www.spektrum.de/lexikon/ernaehrung/bioverfuegbarkeit/1124 Abgerufen am 01.07.2021
[7] Gallego-Narbón, Angélica, Zapatera, Belén und Vaquero, Pilar, 2019: Physiological and Dietary Determinants of Iron Status in Spanish Vegetarians, in: Nutrients, Band 11, Ausgabe 8, https://www.mdpi.com/2072-6643/11/8/1734 Abgerufen am 01.07.2021
[8] Zentrum der Gesundheit, o.J.: Liste mit den eisenreichsten Lebensmitteln, https://www.zentrum-der-gesundheit.de/pdf/tabelle_eisenreiche-lebensmittel.pdf Abgerufen am 01.07.2021